Logo - Der gesunde Baum - Dr. Jürgen Kutscheidt

Artenschutz

Bäume können zahlreichen Tierarten durch Strukturen wie Höhlungen, Spalten, Rissen, abstehender Borke oder Nestern als Lebensstätten dienen. Im Zuge von Baumpflege- und Baumfällarbeiten zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit kann es somit zu artenschutzrechtlichen Konflikten kommen. Dies betrifft am häufigsten Vögel und Fledermäuse. Aber auch andere Artengruppen wie Kleinsäuger und Insekten können betroffen sein.

Die artenschutzrechtlichen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL 1992) und der EU-Vogelschutzrichtlinie (VS-RL 2009) verbieten den direkten Zugriff (Tötung, Zerstörung von Lebensstätten) aber auch erhebliche Störungen streng geschützter Tierarten und aller in Europa heimischen Vogelarten (§ 44 BNatSchG, Art. 12 FFH- Richtlinie und Art. 5 VS-RL).

Nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 44 Abs. 1) ist es verboten,

  1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
  3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören.

Besonders hervorzuheben ist hier der Punkt 3. Dieser stellt Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der besonders geschützten Arten auch dann unter Schutz, wenn sich aktuell keine Tiere darin befinden. Bsp.: Wochenstuben der Wasserfledermaus können sich in Baumhöhlen befinden. Hier werden die Jungen geboren und aufgezogen. Die betreffende Baumhöhle darf also auch in der Zeit vom 1. Oktober bis 29. Februar (BNatSchG § 39 Abs. 5 Pkt 2) nicht ohne Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde zerstört werden, auch wenn sich die Tiere nicht darin, sondern in ihren Winterquartieren (z. B. Höhlen, Stollen oder Brunnenschächten) befinden.

Für den Laien ist nicht immer erkennbar, ob es sich bei einer der oben aufgeführten Strukturen an Bäumen um Lebensstätten geschützter Arten handelt. Daher muss vor dem Eingriff von einem Experten überprüft werden, ob eine Betroffenheit vorliegt (z. B. mittels endoskopischer Untersuchung oder Ein- und Ausflugkontrollen). Im Falle eines artenschutzrechtlichen Konflikts muss die weitere Vorgehensweise mit der zuständigen Naturschutzbehörde abgestimmt werden.

Dies gilt in besonderem Maße wenn Fortpflanzungs-, Ruhe- oder Überwinterungsplätze von besonders und vor allem streng geschützten Arten betroffen sind.

Viele stehen unter europäisch verankertem Schutz. Alle in Deutschland heimischen Vogelarten stehen nach der VS-RL und besonderem und einige zusätzlich unter strengem Schutz. Auch alle Fledermausarten, von denen zahlreiche Quartiere an Bäumen nutzen stehen unter dem strengen Schutz des §44 BNatSchG.

Bei artenschutzrechtlichen Konflikten mit der Verkehrssicherheit von Bäumen sind meistens Vögel oder Fledermäuse betroffen, aber auch andere Artengruppen wie Insekten oder Kleinsäuger können betroffen sein.